Berlin (EAST SEA) Freitag, Mai 27th, 2022 / 08:25

Chinas neuer Pazifik-Pakt alarmiert den Westen: Blinken spricht von „größter Herausforderung“ – trotz Putin

„Langfristige Herausforderung“: US-Außenminister Antony Blinken bei seiner Grundsatzrede zu China in Washington © ALEX WONG/AFP

China will einen Pakt mit zehn Pazifikstaaten abschließen. Die USA und Australien sind alarmiert. US-Außenminister Antony Blinken warnt vor großen Herausforderungen durch Peking.

München/Washington – Als ob der Ukraine-Krieg nicht genug wäre: Der Westen blickt mit wachsender Sorge auf China. Westliche Staaten haben alarmiert auf ein geplantes Kooperationsabkommen Chinas mit mehreren Südpazifik-Staaten reagiert. Peking versuche, seinen Einfluss in der Region zu vergrößern, sagte am Donnerstag der neue australische Premierminister Anthony Albanese. Auch die US-Regierung warnte die Pazifikstaaten vor “undurchsichtigen” Abkommen mit Peking. Chinas Entwurf des Pakts mit dem Titel “Gemeinsame Entwicklungsvision” sieht eine weitreichende Zusammenarbeit in den Bereichen Sicherheit und Wirtschaft mit zehn Inselstaaten vor, darunter die Salomonen, Fidschi, Samoa, Tonga oder Papua-Neuguinea.

„Auch wenn der Krieg von Präsident Putin weitergeht, werden wir uns weiterhin auf die größte langfristige Herausforderung für die internationale Ordnung konzentrieren – und die geht von der Volksrepublik China aus“, sagte US-Außenminister Antony Blinken am Donnerstag in einer Grundsatzrede zur China-Politik in Washington. Die Volksrepublik sei das einzige Land, „das sowohl die Absicht hat, die internationale Ordnung umzugestalten, und zunehmend auch die wirtschaftliche, diplomatische, militärische und technologische Macht, um dies zu tun“. In den USA sieht man China zunehmend unter dem Brennglas eines sich zuspitzenden Konfliktes zwischen den Demokratien und Autokratien der Welt.

Blinken: China unterwandert globale Ordnung

China verdanke seinen Aufstieg auch der Stabilität und den Möglichkeiten der internationalen Ordnung, sagte Blinken in der schon länger erwarteten Rede an der George Washington University. „Davon hat wohl kein Land der Erde mehr profitiert als China. Aber anstatt seine Macht zu nutzen, um die Gesetze, Vereinbarungen, Prinzipien und Institutionen, die seinen Erfolg ermöglichten, zu stärken und wiederzubeleben – damit auch andere Länder davon profitieren können – untergräbt Peking sie“, fügte Blinken hinzu. Die Kommunistische Partei Chinas sei unter Staats- und Parteichef Xi Jinping „im Inland repressiver und im Ausland aggressiver geworden.“

Blinken betonte dennoch, USA und China müssten miteinander auskommen. China spiele eine wesentliche Rolle in der Weltwirtschaft und bei der Lösung globaler Herausforderungen wie der Klimakrise oder der Corona-Pandemie. „Deshalb ist dies eine der komplexesten und folgenreichsten Beziehungen, die wir heute in der Welt haben.“

Chinas Aktivitäten im Pazifik: Ausdehnung der Machtsphäre

Der chinesische Außenminister Wang Yi ist am Donnerstag in den Pazifikraum gereist, wo er acht Inselstaaten besuchen wird. Auf den Salomonen-Inseln wies er die Kritik an den Pazifik-Plänen zurück, die auch millionenschwere wirtschaftliche Unterstützung umfassen sollen. “Chinas Zusammenarbeit mit den pazifischen Inselstaaten richtet sich nicht gegen ein bestimmtes Land”, sagte er in Honiara. Mit den Salomonen hatte China gerade erst ein Sicherheitsabkommen geschlossen, das in Australien und Neuseeland für große Unruhe gesorgt hat. Beide befürchten chinesische Militärbasen in ihrem Hinterhof, auch wenn Honiara dies inzwischen ausgeschlossen hat. Auch Wang Yi betonte, China habe “überhaupt nicht die Absicht”, eine Militärbasis auf den Salomonen zu errichten.

Militärbasis oder nicht: China zeigt zunehmende Präsenz im Südpazifik, in dem viele Insel bis vor einigen Jahren noch diplomatische Beziehungen zu Taiwan pflegten, das Peking als abtrünnige Provinz ansieht. Erst 2021 wechselten die Salomonen staatliche Anerkennung und diplomatische Beziehungen von Taipeh zu Peking. Aufgrund des von Peking vorgegebenen Ein-China-Prinzips kann jeder Staat nur entweder China oder Taiwan anerkennen und nur mit demjenigen dann auch diplomatische Beziehungen pflegen. Für den allergrößten Teil der Welt bedeutet das: Mit Peking.

Diese Entwicklung zeigt jedenfalls, dass China zunehmend seit Jahren daran arbeitet, seine Einflusssphäre über die so genannte erste Inselkette hinaus auszudehnen. Diese Inselkette besteht unter anderem aus Japan, Taiwan und den Philippinen und schirmt China vom freien Ozean ab – zum Ärger Pekings, denn dort haben vornehmlich US-Verbündete die Vorherrschaft.

Der Vertragsentwurf mit den zehn Pazifikinseln bieten diesen nun auch die Aussicht auf ein Freihandelsabkommen und damit Zugang zu Chinas riesigem Markt. Und damit schon einmal mehr als die IPEF-Initiative der USA, die US-Präsident Joe Biden gerade auf seiner Asienreise gestartet hat. Darin geht es um Kooperationen mit Südostasien, Japan und Südkorea bei Lieferketten, Klimaschutz und anderen Wirtschaftsfragen. Freien Zugang zum US-Markt gibt es nicht. Im Gegenzug zu dem Freihandelsabkommen würde China auf den Inseln an der Polizeiausbildung und dem Ausbau der Cybersicherheit beteiligt und erhielte besseren Zugang zu natürlichen Ressourcen vor Ort. Der Pakt könnte am Montag beschlossen werden, wenn Wang auf den Fidschi-Inseln mit den Außenministern der Region zusammentrifft.

USA und China: Wachsende Konfrontation im Südpazifik

Der Südpazifik wird damit zunehmend zu einem weiteren Schauplatz des Wettbewerbs zwischen China und den USA. Die US-Regierung befürchtet nach Angaben des Außenministeriums, dass die Abkommen „in einem übereilten, intransparenten Prozedere“ ausgehandelt werden könnten. Bei China gebe es ein „Muster, undurchsichtige, vage Deals mit wenig Transparenz oder regionalen Absprachen“ anzubieten, sagte Außenamtssprecher Ned Price.

Auch Australiens neuer Premierminister Anthony Albanese warnte vor dem wachsenden Einfluss Chinas in der Region. Australien müsse darauf reagieren und sein Engagement im Pazifik-Raum verstärken, sagte er. Die neuseeländische Premierministerin Jacinda Ardern erklärte, die Region habe keinen Bedarf an Pekings Unterstützung im Sicherheitsbereich. „Wir sind der festen Überzeugung, dass wir im Pazifik-Raum über die Mittel und die Fähigkeit verfügen, auf alle bestehenden Sicherheitsherausforderungen zu reagieren“, sagte sie.

Blinken beteuerte derweil in seiner Rede: „Wir sind nicht auf einen Konflikt oder einen neuen Kalten Krieg aus. Im Gegenteil, wir sind entschlossen, beides zu vermeiden.“ Die USA wollten mit China kooperieren, wo immer dies möglich sei – und streiten, wo immer dies nötig sei. Er betonte: „Wir haben tiefgreifende Differenzen mit der Kommunistischen Partei Chinas und mit der chinesischen Regierung. Aber diese Unterschiede bestehen zwischen Regierungen und Systemen, nicht zwischen unseren Völkern.“ Umgekehrt wirft China den USA immer wieder eine „Kalter-Krieg-Mentalität“ vor.

Quelle: https://www.merkur.de/politik/china-usa-blinken-suedpazifik-pakt-wang-australien-westen-putin-zr-91573784.html

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