Berlin (EAST SEA) Dienstag, Juli 13th, 2021 / 22:32

Dr. Gerhard Will: Der Schiedsspruch des PCA hat die Ansprüche Chinas eindeutig zurückgewiesen.

Im Rahmen des an der Universität Hamburg veranstalte 4. Konferenz zum südchinesischen Meer führte der Reporter ein Interview mit Dr. Gerhard Will zu diesem Thema. 

 

  1. Dr. Gerhard Will, im Kontext der Pandemie Covid-19 hat die Lage am Südchinesische Meer im Jahr 2020 und ersten Halbjahr 2021 weiter angespannt. Wie bewerten Sie diese Lage und prognostizieren Sie für die kommende Zeit?

China hat die Zeit der Covid-19-Pandemie genutzt, um seine Position in der südchinesischen See weiter auszubauen. Das bezieht sich zu einem auf seine militärische Position, auf die militärische Hardware, d. h. den Ausbau seiner militärischen Kapazitäten auf den von China besetzten Inseln im südchinesischen Meer und auf vermehrte aggressive Aktivitäten seiner See- und Luftstreitkräfte. Auf juristischer Ebene besteht China nicht länger auf seiner 9-Striche-Linie, sondern versucht sich mit seiner Theorie der vier Inselgruppen als Archipel Staat zu positionieren. Covid-19-Pandemie hat darüber hinaus dazu beigetragen, dass die Vertreter der ASEAN-Staaten große Schwierigkeiten hatten, sich persönlich zu treffen, um ihre Position gemeinsam abzustimmen. Außerdem war das Hauptaugenmerk der meisten ASEAN-Staaten auf die Bekämpfung der Covid-19-Pandemie gerichtet, so dass China im südchinesischen Meer ungehindert und kaum bemerkt agieren konnte.

  1. Der Schiedsspruch des PCA-Schiedsgerichts zum Südchinesischen Meer wird seit 2016 ausgestellt, es sind nun 5 Jahre her, aber China hatte immer angekündigt, das Urteil nicht zu akzeptieren und verstößt gegen internationales Recht weiter, was die Spannung am Südchinesischen Meer verstärkt. Wie beurteilen Sie die Rolle dieses Urteils? Welche Maßnahmen soll die internationale Gemeinschaft also durchführen, um zu verhindern, dass China seine Völkerrechtsverletzungen wiederholt?

Der Schiedsspruch des PCA hat Maßstäbe gesetzt, indem er verschiedene Sachverhalte klar gestellt und die Ansprüche Chinas eindeutig zurückgewiesen hat. Die überwiegende Mehrheit der internationalen Gemeinschaft hat diesem Schiedsspruch zugestimmt. China wird sich nicht länger auf internationales Recht berufen können, solange es diesen Schiedsspruch nicht anerkennt. Die internationale Gemeinschaft und vor allem die ASEAN-Staaten sollten noch viel entschiedener als bisher, sich hinter diesen Schiedsspruch stellen und seine Anerkennung durch China als Voraussetzung für eine weitere Kooperation mit China verlangen.

  1. EU hat die Strategie für eine Kooperation im Indopazifik veröffentlicht, Deutschland hat die Leitlinien zum Indopazifik auch veröffentlicht. Wie können und sollen Europa und Deutschland praktische Beiträge zur Lösung von Konflikten am Südchinesischen Meer leisten?

Die von der EU und Deutschland vorgelegten Strategien zum Indopazifik sind ein erstes Anzeichen, dass man in Europa wie in Deutschland den Indopazifik nicht nur als wirtschaftlich interessante Region wahrnimmt, sondern dass man  nun auch an der politischen und sicherheitspolitischen Situation Interesse zeigt und sich zu engagieren versucht. Die EU wie Deutschland sind sich bewusst, dass sie in dieser Region nur symbolische militärische Präsenz zeigen können. Im besten Falle können sie dort eine Vermittlerrolle spielen. Im Unterschied zur Indopazifik-Strategie der USA bezieht ja die Indopazifik-Strategie der EU und Deutschlands China mit ein. Eine solche Vermittlerrolle setzt aber voraus, dass China bereit ist, eine solche Vermittlerrolle zu akzeptieren. Es sieht derzeit nicht danach aus, dass China eine solche Vermittlerrolle akzeptieren wird. Ich sehe es jedoch als ein erstes positives Zeichen an, dass unsere Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer vor wenigen Tagen ein längeres Video-Telefonat mit ihrem chinesischen Amtskollegen geführt hat, in dem sie über die Passage des Schiffs der Bundesmarine nach Ostasien, die unter anderem durch die südchinesische See führte, gesprochen hat. In der gegenwärtigen Situation halte ich es für sehr wichtig, solche Kommunikationskanäle offen zu halten und zu intensivieren.

east-sea.de

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