Berlin (EAST SEA) Sonntag, August 2nd, 2020 / 21:17

Unbahängig von Wahlergebnissen der Präsidentschaftswahlen in den Vereinigten Staaten bleibt der Druck auf chinesische Regierung bestehen

Interview mit Dr. Rodion Ebbighausen – Journalist, Autor von Deutsche Welle: Was ist Ihre Meinung über den Grund, den zu Verstärkung von Chinas Handlungen im SCS führt, während es andere  Hotspot wie Hong Kong, Tibet sich intensiviert und ASEAN-Länder bedroht.

China steht wegen der Corona-Pandemie und den wirtschaftlichen Folgen unter erheblichem Druck. Es muss nach innen und nach außen beweisen, dass es diesem Druck standhalten kann. Dazu braucht es im Inland den Nationalismus. Ein Pfeiler des chinesischen Nationalismus ist die territoriale Integrität. In diesem Zusammenhang würde ich die aktuellen Entwicklungen im Südchinesischen Meer, in der Auseinandersetzung mit Indien und Hongkong einordnen. Schwäche darf nicht gezeigt werden.

Die Herausforderungen in Hongkong und teilweise durch die USA (Handelskrieg, jüngste Erklärung zum Südchinesischen Meer, Pompeos Rede, gezielte Sanktionen etc.) stark von außen getrieben. China ist hier lange Zeit nicht Akteur gewesen, sondern musste reagieren. In Hongkong hat sich das durch das neue sogenannte Sicherheitsgesetz verändert.

Die Einordnung des Zusammenstoßes mit Indien im Himalaja ist mit Unsicherheiten behaftet. China hat sich sehr zurückgehalten und im Inland nicht die nationalistische Karte gespielt. Bis heute wissen wir nicht, wie viele chinesische Soldaten ums Leben gekommen sind. Das könnte bedeuten, dass hier übereifrige regionale Kommandeure weitergegangen sind, als die Zentralregierung das eigentlich möchte.

In einem Satz: China weiß, wie gefährlich die Corona-Pandemie für ein Land werden kann, dessen Exportwirtschaft weltweit verflochten ist. Angesichts dieser Herausforderung will und wird Peking Stärke zeigen.

2.Warum verschärfen die US ihre Vorgehen gegen China auf dem SCS. Was sind der Standpunkt und Politik von den EU um SCS-Streit? 

Die entscheidende Frage ist hier, was ist Wahlkampf und was ist nachhaltige US-Politik. Tatsächlich glaube ich, dass sowohl Republikaner als auch Demokraten China als größte Herausforderung für die Zukunft sehen. Im Stil wäre eine demokratische Regierung sicherlich anders, aber in der Sache bliebe der Druck auf China wohl bestehen.

Das Südchinesische Meer ist für die USA (und China) interessant, insofern es dazu geeignet ist, die Staaten Südostasiens zu spalten und/oder zu einer Entscheidung zu zwingen. Bist du für oder gegen uns? Auch wenn die Länder sich nicht entscheiden wollen, wird es wahrscheinlicher, dass sie sich werden entscheiden müssen. Hier den Zusammenhalt zu erhalten wird auf absehbare Zeit die größte Herausforderung für die ASEAN sein.

Die Position der EU zum SCM hat sich nicht grundsätzlich verändert, auch wenn das Bewusstsein wächst, dass die “systemische Konkurrenz” zu China Entscheidungen erfordert. Der sich verschärfende Konflikt zwischen den USA und China lässt ein Szenario, das dem kalten Krieg vergleichbar ist, wahrscheinlicher werden. Dazu gehört eben auch eine Blockbildung und damit die Frage, wer steht auf welcher Seite. Die EU ist hier nicht mit sich im Reinen. Das hat natürlich auch mit dem großen Einfluss Deutschlands zu tun, dessen Wohlstand und wirtschaftlicher Erfolg zu einem erheblichen Teil mit der Volksrepublik zusammenhängen. Solange Deutschland sich nicht weiter diversifiziert und neue große Märkte erschlossen hat (Indien, Vietnam bzw. Südostasien wären hier zu nennen), wird Deutschland innerhalb der EU chinakritische Töne bremsen.

Die EU hätte grundsätzlich auch das Potenzial, die Blockbildung zu durchbrechen und eine dritte geopolitische Einheit darzustellen. Der letzte Gipfel gibt Anlass zur Hoffnung, aber die Spannungen in der Union sind erheblich und China ist aktiv dabei sie zu vertiefen (Stichworte: Seidenstraße, 16 + 1).

3. Wie würden Sie die amerikanische Zusammenarbeit mit Allierten einschätzen? Besonders die mit ASEAN?

Die USA sind zurzeit ein unsicherer Partner. Die extreme innenpolitische Polarisierung lässt sogar Szenarien bis hin zu einem Bürgerkrieg befürchten. Womöglich verliert das Land infolge der Corona-Pandemie und der politischen Fehlentscheidungen mittelfristig seinen Status als größte Volkswirtschaft der Welt. Zugleich ist die ASEAN zwar ein wichtiger, aber nicht der wichtigste Ansprechpartner in Asien. Die Innenpolitik wird die USA auf absehbare Zeit beschäftigen, die ASEAN spielt da nur eine untergeordnete Rolle.

Die ASEAN sollten die USA – wo möglich – für sich nutzen und einsetzen, sich aber nicht auf sie verlassen. Diplomatie erfolgt oft nur in kleinen Schritten. Die ASEAN wäre gut beraten, herauszufinden, was die zweite Garde der Mitarbeiter im Außenministerium will und hier diplomatische Anknüpfungspunkte für eine Zeit nach Trump zu knüpfen.

4. Ihre Meinung nach, was würde Chinas nächster Schritt sein, und wie würden US und andere Globalmacht darauf reagieren?

Wie in der ersten Frage geschrieben, will China seine Stärke beweisen, wobei natürlich das Überleben der Kommunistischen Partei an erster Stelle steht. Ich glaube nicht dass die KP eine militärische Konfrontation will, da ein Krieg immer auch ihr Überleben gefährdet, aber der Nationalismus ist im Land sehr stark. Im Zweifel wird die KP gezwungen sein zu handeln.

China hat aktuell einige Baustellen (SCM, HK, USA und Indien). Ich sehe nicht, dass es von sich aus weitere Konflikte anstößt. Aber, wie gesagt, es wird den Druck aufrechterhalten und jede Konfrontation kontern.

Vietnam sollte an seiner Strategie der vier Nein festhalten und aus meiner Sicht öffentlich ein “low profile” bewahren. Es besteht die Gefahr sonst zwischen die Fronten zu geraten. Vietnam hat in der Corona-Krise Erfolge erzielt und das Wirtschaftswachstum spricht für sich. Aber hinter den Kulissen ist es sicher ratsam alle Varianten einer möglichen Blockbildung durchzuspielen und mit den Verbündeten und Partnern abzusprechen.

East-Sea Team

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