Berlin (EAST SEA) Montag, April 22nd, 2019 / 10:45

EU – ASEAN: Ferne Partner (Teil 1)

Zwar hatte es nachweisbar schon seit den Zeiten des römischen Kaiserreiches Handelsbeziehungen zwischen Europa und Ost bzw. Südostasien gegeben, aber diese Beziehungen gingen über viele Stationen und unterschiedliche Zwischenhändler arabischen, persischen und natürlich auch malaysischen Ursprungs; Kulturen, die auf Handel und Austausch angelegt waren und davon auch materiell profitierten. Die wirtschaftliche Stärke dieser Händler beruhte auf einem weitverzweigten Netz von Handelspartnern, denen man aufgrund langjähriger Geschäftsbeziehungen vertrauen konnte, auf einem über die Jahrzehnte gewachsenen Erfahrungs- und Informationsschatz, wo man was zu günstigen Preisen und guter Qualität kaufen konnte, welche sicheren Häfen man anlaufen konnte und nicht zuletzt wen man bestechen musste und konnte, um die erforderlichen Transaktionen durchführen zu können. Die Anwendung brachialer oder gar militärischer Gewalt gehörte nicht zum Kalkül dieser Kaufleute, vielmehr hing der Erfolg ihrer Operationen in hohem Maß davon ab, ob es ihnen gelang, staatlicher Gewalt auszuweichen, sie zu umgehen oder sich deren Zustimmung durch materielle Leistungen aller Art zu erkaufen.

Die europäischen Kaufleute, die in den ersten Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts nach Südostasien vordrangen, konnten sich ganz anderer Machtressourcen bedienen. Gestützt auf die militärische Überlegenheit, die jene mit Kanonen bestückten Schiffe boten, ließen sich ihre Handelsinteressen auch mit nichtökonomischen Mitteln im Klartext mit militärischer Gewalt durchsetzen. Auch die europäischen Missionare, die die ersten kulturellen Kontakte zwischen Europa und Südostasien herstellten und sich meist sehr viel intensiver mit den Kulturen und den sozialen Gegebenheiten Südostasiens befassten als die wirtschaftlichen und militärischen Akteure Europas, hatten auch letztlich die christliche Mission diesen Schutz militärischer Gewalt im Rücken, auch wenn dieser in etlichen Fällen die Ermordung europäischer Missionare nicht zu verhindern vermochte.

Mehr als zwei Jahrhunderte lang konzentrierten sich die europäischen Mächte auf die Errichtung einzelner Stützpunkte in Südosten, um dort ihren ökonomischen wie wirtschaftlichen Einflussbereich abzusichern und auszuweiten. Erst Ende des 18. Jahrhunderts begannen sie damit, die direkte Herrschaft über immer größere Gebiete Südostasiens auszuüben und dort Kolonien zur errichten. Diese direkte Herrschaft des Kolonialismus erlaubte es den europäischen Kolonialmächten, nicht nur höchst profitable Handelsgeschäfte zu betreiben, sondern die landwirtschaftlichen Ressourcen dieser Länder durch großflächig organisierten Plantagenanbau auszubeuten und die mineralischen Ressourcen in eigenen Bergwerken abzubauen.

Der europäische Kolonialismus besser gesagt die europäischen Kolonialmächte Spanien, die Niederlande, England und schließlich auch Frankreich hatten Südostasien unter sich aufgeteilt und alles daran gesetzt die Wirtschaft dieser Länder an den wirtschaftlichen Bedürfnissen der Mutterländer auszurichten. Zwar gelang es den Kolonialmächten nur unvollkommen die wirtschaftlichen Beziehungen jenes wirtschaftliche Beziehungsgeflecht zu zerschneiden, das sich dort über die Jahrhunderte etabliert hatte, aber auf politischer Ebene waren die verschiedenen Kolonialgebiete strikt voneinander abgeschottet. Selbst die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Geheimpolizei, der Austausch entsprechender Informationen war eher zufällig als systematisch. Für diejenigen, die sich gegen den Kolonialismus erhoben, hatte dies auch Vorteile. So fand der Gründungskongress der KP Vietnams 1930 in der britischen Kolonie Hongkong statt, weil man sich da vor dem Zugriff der französischen Sûreté geschützt wusste.

Langfristig sehr viel prägender und wichtiger war jedoch die rechtliche Vorstellung von Grenzen und Grenzlinien, von territorialer Integrität, die die Kolonialmächte mit nach Südostasien brachten und damit eine Tradition begründeten, die sich bis zum heutigen Tage auswirkt. Das beginnt mit dem Vertrag von Zaragossa (1529), der nach dem Vorbild des Vertrags von Tordesilla (1494) eine klare Aufteilung der spanischen und portugiesischen Interessensphären in Südostasien vornahm und findet seine Fortsetzung in zahllosen Verträgen, in denen die Kolonialmächte die Grenzen ihrer Herrschaftsgebiete klar in Längen- und Breitengraden definierten. Dies bestärkte die Vorstellung, dass sich Konflikte durch eine klar definierte Grenzziehung regeln lassen; ein Konzept, das nur bedingt tauglich ist, wie die Konflikte in der südchinesischen See allzu anschaulich belegen.

Angesichts einer Sicht, die der Zerstörung alter Kulturen und Wirtschaftssysteme und der mit massiver Gewalt durchgesetzten neuen Strukturen keineswegs zu Unrecht breiten Raum einräumt, sollte andere oft gegensätzliche Aspekte der kolonialen Herrschaft nicht außer Acht gelassen werden.  Seit Jahren wird  in intellektuellen Kreisen Südostasiens sehr angeregt darüber diskutiert, inwieweit einzelne Akteure der Kolonialen Herrschaft, wichtige Beiträge zur Erforschung der eigenen Geschichte, die in einigen Ländern sehr stark in Vergessenheit geraten war, geleistet haben, indem sie alte Schriftsysteme entziffert, neue Schriftsysteme entwickelt und Bauten wieder entdeckten, die bereits wieder in Vergessenheit geraten waren. Fortschritte in der Tropenmedizin und Gesundheitsfürsorge, die Umsetzung grundlegender Infrastrukturmaßnahmen wie der Bau von Straßen und Eisenbahnlinien zielten natürlich auf die Interessen der Kolonialherrschaft ab, sie hinterließen ein Erbe, das auch für die postkolonialen Zeiten von Nutzen war und dessen heutzutage auch öffentlich gedacht wird; man denke nur an die vielfältige Nennung des Namens Pasteur.

So signifikant die eben genannten Punkte in einigen Bereichen gewesen sein mögen, entscheidender für die weitere politische Entwicklung der europäischen Kolonialgebiete waren politische Konzepte, die in Europa ihren Ursprung hatten, aber wesentlich dazu beitrugen, die europäische Kolonialherrschaft in Übersee zu erschüttern und schließlich zum Einsturz zu bringen.

Seit dem Ende des 19. Jahrhunderts spielte hier der Nationalismus eine entscheidende Rolle. Die Idee des souveränen Nationalstaats, dessen Bürger mit gleichen Rechten ausgestattet sind und daher einen homogenen Volkskörper bilden, der die Basis Staatsgewalt darstellt, verfügte auch in Europa über keine allzu lange Tradition. Umso erstaunlicher war der rasante Erfolg, den diese seit der Mitte des 19. Jahrhunderts in Europa hatte und der dazu führte, dass sich die politische Landkarte in Europa in wenigen Jahrzehnten grundlegend veränderte.

Noch unerwarteter und daher spektakulärer war Erfolg des Nationalismus in den Kolonialgebieten. Nachdem erste Versuche der traditionellen Eliten, das überkommene Herrschaftssystem zu restaurieren und die Kolonialmächte zu vertreiben, kläglich gescheitert waren, gewann jene europäische Idee des Nationalismus in den Kolonien mehr und mehr an Attraktivität. Denn diese Ideologie richtete sich eben nicht nur an die Eliten sondern an alle Einwohner des Landes. Sie verlieh ihnen neues Selbstbewusstsein und appellierte an ihren Stolz, ein Bürger dieses Landes zu sein und ihren Willen, sich nicht länger einer Herrschaft von Leuten zu beugen, die aus fernen Ländern stammten und nur daran interessiert waren, die Ressourcen ihrer Kolonien rücksichtslos auszubeuten; eine Erfahrung, die auch die Masse der Bevölkerung jeden Tag sehr schmerzhaft erleben musste. Der Kampf gegen den Kolonialismus war damit auf eine ungleich größere Massenbasis gestellt als in jenen Konzeptionen, für die Politik allein eine Aufgabe der Eliten war, während die breite Masse der Bevölkerung Herrschaftsverhältnisse einfach hinzunehmen hatte, von deren Gestaltung sie aber ausgeschlossen war.

Mobilisierung der Massen ließ sich aber nur dann erfolgreich in Szene setzen, wenn jener Appell an das politische Bewusstsein durch eine System der politischen Organisation ergänzt und unterstützt wurde, das aus die politisch Mobilisierten zu einem durchsetzungsfähigen  schlagkräftigen Akteur formte. Auch hier kam eine Konzeption zu Hilfe, die in Europa ihre Wurzeln hatte und allgemein mit dem Begriff des Kommunismus verbunden wird. Was jedoch in den Kolonien Südostasiens interessiert und faszinierte waren nicht so sehr die Schriften von Karl Marx und Friedrich Engels über das Wesen und Wirken des hochentwickelten Kapitalismus, sondern die  Schriften Lenins, dessen Denken im hohen Maße von europäischen Philosophen und Politikern geprägt. Es sind vor allem zwei Punkte, die Lenins Theorien so attraktiv machten: Zum einen räumte Lenin der Revolution in den Kolonien, der Peripherie des Kapitalismus, einen ebenso hohen Stellenwert ein wie der Revolution in den Metropolen des Kapitalismus. Die Kämpfer gegen den Kolonialismus standen somit auf einer Stufe mit den proletarischen Revolutionären in den Metropolen und hatten somit gleichberechtigten Anteil am weltrevolutionären Prozess. Ho Chi Minh berichtet darüber wie von einem religiösen Erweckungserlebnis:

„Lenins Thesen zur nationalen und kolonialen Frage“ erweckten bei mir ein Hochgefühl, eine große Begeisterung, einen starken Glauben und halfen mir, die Probleme klar zu sehen. Meine Freude war so groß, dass mir darüber die Tränen kamen. Allein in meinem Zimmer, rief ich aus, als stünde ich vor einer großen Menge: Liebe unterdrückte und unglückliche Landleute! Hier ist das, was wir brauchen, hier ist der Weg zu unserer Befreiung.“ (S. 273)

Die Attraktivität der Leninschen Thesen beruhte jedoch nicht nur auf dem hohen Stellenwert, den er dem Kampf der unterdrückten Völker in den Kolonien beimaß, sondern auch auf seinen Anleitungen zum praktischen Handeln. Sein Verständnis von einer Partei neuen Typs, von Berufsrevolutionären, als Motor des revolutionären Prozesses und nicht zuletzt die von der Notwendigkeit der engen Verbindung zwischen politischen und bewaffneten Kampf prägte das Denken und Handeln vieler antikolonialer Gruppierungen und verhalf ihnen auch, sich an die Spitze des antikolonialen Kampfes zu setzen.

Der Erfolg dieses Kampfes, der zur nationalen Unabhängigkeit der Länder Südostasiens führte, war letztlich eng mit dem 2. Weltkrieg verbunden, der die Kräfte der Kolonialmächte erheblich geschwächt und die der Kämpfer gegen den Kolonialismus und deren Militanz gestärkt hatte; nicht zuletzt auch dadurch, dass sie in den Besitz von Waffen der Alliierten wie der Japaner gelangten. Entwicklungen auf dem europäischen Kontinent hatten somit auch in dieser Phase maßgeblich die Gestaltung der politischen Landkarte Südostasiens bestimmt. 1949 beendeten die Niederland ihre Kolonialherrschaft in Indonesien. Fünf Jahre nach der Niederlage in Dien Bien Phu sah sich Frankreich gezwungen, seine Truppen aus Indochina abzuziehen und auf der Genfer Konferenz einer Friedensregelung zuzustimmen. Großbritannien entließ 1963 Malaysia in die Unabhängigkeit und zog all seine Truppen „East of Suez“ ab und die USA übernahmen mehr und mehr jene Rolle, die einst die europäischen Mächte in Südostasien gespielt hatten. Ihr Versuch, europäische Mächte in ihre Südostasienpolitik einzubinden, stieß auf eine äußerst geringe Resonanz.

Es mag sie vielleicht etwas verwundert haben, dass ich einleitend diesen weiten historischen Bogen gespannt habe, aber mir erschien es wichtig, diese historischen Hintergründe, auf die so gerne schlagwortartig Bezug genommen wird, etwas genauer auszuleuchten. Versucht man eine Bilanz der Beziehungen zwischen Europa und Südostasien vom 16. bis zur Mitte des 20 Jahrhundert zu ziehen, so lassen sich folgende Punkte festhalten: gemessen an den damaligen technischen Möglichkeiten gab es sehr intensive Beziehungen zwischen Europa und Südostasien. Diese Beziehungen erstreckten sich auf höchst gegensätzliche Lager und sehr unterschiedliche Ebenen. Europäische Mächte brachten große Teile Südostasiens unter ihre Kontrolle und beuteten die Ressourcen dieser Länder aus. Aber aus Europa kamen auch die Ideen und Konzepte, mit denen der Kampf gegen den Kolonialismus erfolgreich geführt und die Kolonialherrschaft beendet werden konnte. In beiden Fällen beförderten sie aber nicht das Kooperations- sondern das Konfliktpotenzial zwischen diesen beiden Teilen der Welt.

Nach dem Ende des 2. Weltkrieges wurde Europa maßgeblich von zwei Entwicklungen geprägt. Zum einen war dies der Ost-West-Konflikt, der Europa in zwei antagonistische Blöcke spaltete. Demgegenüber stand das Bemühen der westlich orientierten Länder die ökonomische und politische Integration weiter voranzutreiben und zu festigen. Aus der 1951 zwischen den Beneluxstaaten, Frankreich, Italien und der Bundesrepublik Deutschland gegründeten Montanunion wurde 1957 der Europäische Wirtschaftsgemeinschaft, aus 1993 durch den Vertrag von Maastricht der Europäische Gemeinschaft hervorging, die seit 2009 durch den Vertrag von Lissabon zur Europäischen Union wurde, in der nun 28 europäische Länder Mitgliedschaft besitzen. Aus den leidvollen Erfahrungen zweier Weltkriege war man zu der Überzeugung gelangt, dass ein gemeinsamer Markt, eine wirtschaftliche Union durch entsprechende politische Rahmenbedingungen sowie durch ein dichtes Netz persönlicher Kontakte auf den unterschiedlichsten Ebenen begleitet sein müssen, damit Konflikte bewältigt und nachhaltige Stabilität gewährleistet werden kann.

Auch in Südostasien hat es nach dem 2. Weltkrieg nicht an Versuchen gefehlt, regionale und internationale Kooperation auf den Weg zu bringen und entsprechende Vereinbarungen zu treffen. Im April 1955 waren in der indonesischen Stadt Bandung Vertreter von 29  Nationalstaaten aus Asien und Afrika – darunter solche Schwergewichte wie Indien und China  zusammengekommen, um über Mittel und Wege einer stärkeren Zusammenarbeit zu beraten, um dadurch ihren Ländern auf internationaler Ebene größeres Gewicht zu verleihen. Einen vergleichbaren Versuch hatte zehn Jähre später der damalige Präsident Sukarno mit seinem Konzept der „New Emerging Forces“ unternommen. Beiden Projekten war gemein, dass sie über Proklamationen nicht hinauskamen und keine Strukturen schaffen konnten, die Einfluss auf internationaler Bühne hätten ausüben können.

Wie bereits oben erwähnt, setzten die die USA zu Beginn der 50ger Jahre des vergangenen Jahrhunderts alles daran, jene Lücke, jenes Machtvakuum zu füllen, das sich nach dem Abzug der europäischen Mächte aus Südostasien ergeben hatte. Als Parallele zu der den Atlantik übergreifenden Verteidigungsorganisation der NATO gedacht war im September 1954 – wenige Monate nach der Niederlage in Dien Bien Phu und dem Abschluss des Genfer Indochina-Abkommens – unter amerikanischer Führung die SEATO (South East Asia Treaty Organization) gegründet worden, die sich von Anfang als militärisches Verteidigungsbündnis verstand, das keine weiteren Ansprüche auf ökonomische und politische Kooperation stellte. Ein ähnliche Zielsetzung verfolgte das 1971 gegründete „Five Power Defence Agreement“, das zwischen Großbritannien, Australien, Neu Seeland, Malaysia und Singapur vereinbart wurde. Auch diesen beiden Organisationen gelang es nicht, wirklichen Einfluss auf die militärische und sicherheitspolitische Situation Südostasiens zu nehmen, die seit den 60ger Jahren durch den sich dramatisch eskalierenden Krieg in Vietnam geprägt und gefährdet wurde.

Als im August 1967, auf dem Höhepunkt des Krieges in Vietnam, sich die westlich orientierten Staaten Südostasien, Thailand, Malaysia, Singapur Indonesien und die Philippinen sich zur „Association of Southeast Asian Nations“ (ASEAN) zusammenschlossen, wurde dies damals von vielen Beobachtern nur als ein weiterer Versuch gesehen, die Kräfte des westlichen Lagers in Südostasien zusammenzuschließen und hier eine gemeinsame Front gegen jene kommunistische Gefahr zu errichten, die von Vietnam ausgehend ganz Südostasien unter ihre Herrschaft zu bringen drohte. Diese Einschätzung folgte der Domino-Theorie, die in der 50ger Jahren der damalige amerikanische Präsident Eisenhower so formulierte: „Wenn Vietnam fällt werden auch die anderen Länder Südostasiens wie eine Reihe Dominosteine fallen.“

Im Abstand von einigen Jahrzehnten kann man jedoch sehr viel besser erkennen als dies den Zeitgenossen bewusst war, dass hier etwas grundlegend Neues im Entstehen begriffen war. Zum ersten Mal hatten sich fünf Länder Südostasiens ohne Beteiligung externer Mächte oder Großmächte zu Staatenbund zusammengeschlossen. Angesichts jener mörderischen Auseinandersetzung zwischen Ost und West, die sich zu jenem Zeitpunkt in Indochina und damit im Herzen Südostasiens abspielte, war dies zumindest ein erster Schritt, einen unabhängigen Weg jenseits der Blockkonfrontation einzuschlagen. Diesem ersten Schritt folgten jedoch etliche Jahre keine weiteren.

Erst die Siege, die die kommunistischen Kräfte in Kambodscha, Vietnam und Laos errungen hatten und die zielstrebigen Versuche Hanois, „besondere Beziehungen“ zu seinen beiden Nachbarländern Laos und Kambodscha aufzubauen und in Indochina ein regionales Bündnis unter seiner Führung zu etablieren, veranlassten auch die ASEAN-Mitglieder, ihrer Organisation verbindlichere Strukturen zu geben. Im Februar 1976 fast neun Jahre nach der Gründung der ASEAN unterzeichneten deren Mitglieder den „Treaty of Amity and Cooperation“ (TAC), der den sie zum Grundlagenvertrag der ASEAN erklärten.

Mit dem Zusammenbruch des von der Sowjetunion geführten Sozialistischen Lagers und dem Ende des sowjetisch-chinesischen Konflikts verschwanden auch in Südostasien jene Frontlinien der Blockkonfrontation, die diese Region Jahrzehnte lang tief gespalten hatte. Die Länder Indochinas mussten sich nun außenpolitisch wie außenwirtschaftlich neu orientieren. Dies war jedoch ein Prozess, der von Seiten der ASEAN wie der neuen Beitrittskandidaten einige Anstrengungen erforderte. 1995 wurde Vietnam Mitglied der ASEAN, 1997 folgten Laos und Myanmar, zwei Jahre später Kambodscha. Gerade mit der Aufnahme Myanmars hatte die ASEAN ihre Unabhängigkeit gegenüber den westlich orientierten Ländern unter Beweis gestellt, die mit Hilfe weitgehender Sanktionen Myanmars Militärregime in die Knie zwingen wollten. Die ASEAN setzten dagegen auf „Constructive Engagement“ um dort einen grundlegenden Wandel des politischen Systems zu erreichen.

Dr. Gerhard Will 

Dr. Gerhard Will ist  Politikwissenschaftler in Deutschland. Seine Forschungsgebiete sind Transformationsprozesse sozialistischer Länder Asiens; Sicherheitspolitik, wirtschaftliche Entwicklung und Integrationsprozesse in Südostasien; Südostasiens Rolle in der internationalen Politik.

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